Kabbala und der Sinn des Lebens - Michael Laitmans persönlicher Blog

Beiträge in der Kategorie ''

Der Verstand oder der Wunsch – wer ist der Anführer?

Eine Frage, die ich erhielt: Ist es richtig den eigenen Zustand mit Hilfe des Verstandes zu klären: Warum ich mich gerade in solch einem Zustand befinde, woher er gekommen ist, was ich damit mache?

Meine Antwort: Mit dem Verstand kann man nichts klären, weil der Wunsch dem Verstand vorausgeht.

Denke nicht, dass der Verstand unabhängig vom Wunsch existiert, dass du mittels des Verstandes, den Zustand/Wunsch misst. Die Vernunft wird also vom Wunsch gelenkt.

Manchmal sagt dir die Vernunft das Eine, und manchmal – das Andere, immer deinem Wunsch entsprechend. Wie kannst du dich dann auf die Schlussfolgerungen des Verstandes verlassen?

Wie entwickelt sich in uns, eigendlich die Vernunft? Infolge dessen, dass ich die ganze Zeit etwas machen will, etwas erreichen und bekommen will – habe ich meinen Verstand aufgebaut. Die Vernunft ist also ein Erwerb.

Aber wenn das Licht kommt, dann ermöglicht es uns, hinaufzusteigen: d.h. wir werden weder durch die Vernunft, noch durch den Wunsch gelenkt. Das Licht beginnt, über uns zu herrschen, erhebt uns, gibt uns die Kraft.

Aus dem Unterricht nach „Bejt Schaar haKawanot“, 29.11.2010

Eine Wissenschaft, die man an sich selbst studiert

Eine Frage, die ich erhielt: Wie soll man während des Unterrichts seine Absicht zwischen den Gegensätzen, die einen auseinanderziehen, erneuern?

Meine Antwort: Es ist gut, wenn jedes Mal Hindernisse entstehen. Kaum hat der Mensch die Absicht erneuert, entgleitet sie ihm wieder, und er wird von anderen Berechnungen heruntergezogen.

Und wieder wird der Mensch von oben daran erinnert, dass seine Gedanken nichts mit dem spirituellen Vorankommen zu tun haben. Und wieder findet er Kraft, um die Situation zu analysieren und um den baldigen Auszug aus dem Sumpf, um den Auszug der Einheit entgegen zu bitten.

Aus diesem Punkt der Einheit kehrt er zum Unterrichtsthema zurück, um so nah wie möglich am Sohar zu sein.

Genau das bedeutet „das Studium der Tora“ – nicht das Studieren des Textes, sondern das Selbststudium. Denn letztendlich enthüllen wir uns selbst. Es steht geschrieben: „So werde ich aus meinem Fleische den Schöpfer anschauen“. Auf diese Weise kommen wir der Wahrheit näher.

Es irrt sich derjenige, der glaubt, dass er den Lernstoff kennen muss. Der Mensch muss wissen, wer er selbst ist, sich selbst in Verbindung mit dem Geschriebenen erkennen. „Wer bin ich, der von der Tora in der Teilnahme am Licht unterrichtet wird?“ Ich ermittle alle meine Widersprüche, alle Hindernisse und Arten der spirituellen Verbindung, alle Pro und Contras.

Das ist das, was ich lernen sollte. Die Tora unterrichtet meinen bösen Trieb, indem sie ihn vor das Licht stellt. Es steht geschrieben: „Ich erschuf den bösen Trieb und ich erschuf die Tora als Gewürz“. Wenn diese beiden Faktoren vor dem Menschen erscheinen und er den einen durch den anderen zu prüfen anfängt, dann bedeutet genau das das Studium der Tora.

Ich studiere gar nicht den Text, sondern mich selbst. Wenn ich nach der Wahrheit strebe, trägt der Text das Gefühl an mich heran, wie weit ich noch davon entfernt bin. Die gewöhnlichen Menschen studieren das Geschriebene wie Maschinen, es gibt jedoch die Tora, die an einem selbst studiert wird. Darüber steht geschrieben: „In Deinem Lichte sehen wir das Licht“.

Das ist bereits ein ganz anderes Studium, verbunden mit Hindernissen, im Widerstand gegen sie, sprich das praktische Selbststudium. „Wer bin ich im Vergleich zum Schöpfer?“ – das ist das Wesen dieses Studiums kurz erklärt.

Denn alle Hindernisse und Probleme, die mich daran hindern, in die Realität, von der ich lese, einzutauchen, sind Unterschiede zwischen mir und dem Schöpfer. Und wenn ich mich über alle Erscheinungen meines Egoismus erhebe, zeige ich damit meine Bereitschaft, mich vorwärts zu bewegen, Ihm entgegen.

Aus dem Sohar-Unterricht vom 29.11.2010. Das Vorwort

Das Röntgenbild meines „Egos“

Wir glauben, dass wir uns in einer Welt befinden, die lebt und existiert, dass sie beständig und alles in ihr ziemlich stabil ist. Wir lassen noch nicht einmal die Vorstellung zu, dass alles Sichtbare und Wahrnehmbare unbeständig und relativ ist.

Die Menschheit war immer der Meinung, dass die Welt tatsächlich existiert und der Mensch in ihr lebt. Diese Meinung wurde dadurch bestärkt, dass die Menschen alles, was sie umgibt, unseren Planeten, die Sterne und die Galaxien gesehen haben.

Und obwohl der Mensch zur Welt kommt, lebt und stirbt, bleibt das alles an der gleichen Stelle weiter bestehen, trotz der Folge der Zeiten. Das heißt, alles, was uns umgibt, existiert außerhalb von uns. Dies wurde von den Menschen jahrtausendelang angenommen.

Doch nun kommt die Wissenschaft der Kabbala und zerstört vollkommen das Fundament, auf dem unsere Wahrnehmung gegründet war, und lässt keinen Stein auf dem anderen. In erster Linie erklärt sie, dass alles, was wir vor uns sehen, sich nicht außerhalb, sondern innerhalb von uns, in unserem Verlangen befindet.

Wenn also diejenigen, die ich vor mir sehe, sich in meinem Kopf befinden, befinde ich mich selbst auch dort. Die Kabbala behauptet, dass das richtig ist und die ganze Wahrnehmung der Realität, die wir im Moment haben, trügerisch ist.

Uns wird erklärt, dass es so ist, als ob es im Hinterkopf einen Projektor geben würde, der alles Wahrnehmbare in Bildern, die scheinbar vor mir ablaufen, wiedergibt. Auf diese Weise würde ich sowohl meinen Körper als auch alles, was außerhalb von ihm geschieht, sehen.

Die Kabbalisten erklären es uns mit absoluter Ernsthaftigkeit und betonen, dass gerade dadurch, dass ich Dinge innerhalb von mir spüre und außerhalb von mir sehe, ich eine besondere Erkenntnis – die Enthüllung des Schöpfers – erlangen kann.

Ich sehe, dass sich alles um mich herum jeden Augenblick verändert und bewegt wird. Dies geschieht entsprechend der Veränderung meiner Eigenschaften und bedeutet, dass ich selbst meine Realität erschaffe.

Die Wissenschaft der Kabbala erzählt uns, dass außer dem Punkt, der als „Ich“ bezeichnet wird, alles Andere das höhere Licht, das Licht der Unendlichkeit, in dem ich mich befinde, ist. Dieses Licht hat eine Eigenschaft: das Geben und die Liebe. Und vor dem Hintergrund dieses Lichts erkenne ich meine Eigenschaften, die ihm entgegengesetzt sind.

Ich glaube, dass außerhalb von mir eine große Welt existiert, in der sich alles bewegt, doch all das wird von meinem Verlangen, meinem Ego, von dessen verschiedenen Eigenschaften projiziert, die mein inneres Bild wie auf einem Röntgenbild zeigen.

Kann ich die Realität verändern? – Ja, ich kann, unter der Bedingung, dass ich mich selbst verändere. Und das ist bereits eine sehr ernsthafte Sache. Das heißt, ich habe in meinem Leben eine Familie, einen Job, die große Welt, und obwohl ich sehe und spüre, wie beständig ich selbst und alles um mich herum ist, liegt es dennoch in meiner Hand, das zu verändern.

Denn wenn ich anfange, mich selbst zu verändern, verändere ich die Welt, weil der Mensch eine kleine Welt ist und alles sich in ihm befindet, außerhalb von ihm ist nur das unveränderbare Licht der Welt der Unendlichkeit.

Also hängt alles vom Menschen ab, und meine Wahrnehmung der Realität hängt allein von mir und von keinem Anderen ab.

Aus dem Vortrag im Auditorium „Kabbala für alle“ vom 23.11.2010

Grad der Reinheit in der spirituellen Arbeit

Eine Frage, die ich erhielt: Was bedeutet ein Mangel in der spirituellen Arbeit, der bewirkt, dass sich die „unreinen Kräften“ (egoistischen Absichten) an seine Stelle anklammern?

Meine Antwort: Das heißt, wenn ich in meiner spirituellen Arbeit die egoistische Absichten (unreine Kräften) in mir erscheinen und existieren lasse, will ich die spirituelle Daten, Kräfte oder Einsichten egoistisch benutzen.

Dies bringt mich von meinem Ziel ab. Der Grad meiner Achtsamkeit, solche Kräfte nicht zu benutzen, wird „Maß der Reinheit“ in der spirituellen Arbeit genannt.

Es ist nicht so schlimm, wenn ich mich in meinen Absichten irre, allerdings eine Handlung mit einer bewussten Absicht „zu geben um des Empfangens willen“ oder „zu empfangen um des Gebens willen“ heißt unrein. Und der Grad der Reinheit in der Arbeit wird durch die sorgfältige Analyse bestimmt, durch welche ich feststellen muss, dass ich vom Spirituellen für das Materielle nichts stehle.

Es ist besonderes wichtig, in allem, was sich auf das Spirituelle bezieht, kein materielles (egoistisches) Gewinn erzielen zu wollen. Das wird sehr streng geprüft..

Aus einem Unterricht über „Bejt Schaar HaKawanot“, 28.11.2010

Alles wird sich zum Besseren wenden, wenn man sich nur erhebt

Eine Frage, die ich erhielt: Der Schöpfer ist verborgen, und an Seiner Stelle habe ich die Gruppe. Wie kann ich nur das Geben in ihr sehen?

Meine Antwort: In der Gruppe gibt es immer Hindernisse, und gerade mit deren Hilfe können wir wunderbar die Angleichung an den Schöpfer üben.

Alles Negative muss man genau nach Bestimmung gebrauchen, um es ins Positive umzuwandeln.

Alles wird sich zum Besseren wenden, man muss nur richtig vorgehen, indem man sich nicht von den Geschehnissen distanziert, sondern eine korrekte Haltung ihnen gegenüber aufbaut.

„Die Wendung zum Besseren“ bedeutet nicht, dass wir uns im Voraus mit dem Unvermeidlichen abfinden sollten, wie es üblich ist. Nein, über dem Hindernis, über dem erhaltenen Beispiel muss ich in erster Linie den Endpunkt, den korrigierten Zustand erkennen.

Dann werde ich eine Methode finden, das Falsche in das Richtige zu verwandeln – mich selbst, wie ich jetzt bin, das Hindernis, das mit den Freunden, mit dem Schöpfer oder sogar mit den persönlichen Umständen verbunden ist, und das Schöpfungsziel zusammen zu bringen.

Ich werde herausfinden, wie ich jeden Aspekt – Verlangen, Absicht, Gedanken, Ereignisse – nicht nur korrigieren, ihn nicht einfach rechtfertigen und auf den Schöpfer beziehen, sondern auch an die Verbindung mit Ihm anschließen kann.

Ich werde verstehen, inwiefern ich mein Verlangen und meine Denkweise in Bezug auf den gegebenen Fall umstellen, inwieweit ich deren Wahrnehmung verändern muss, um letztendlich zu erkennen, dass der Schöpfer mir Gutes getan hat.

Und als Anzeichen dafür dient die Freude – ich freue mich, dass der Schöpfer mir die Möglichkeit geboten hat, Ihm noch ein wenig näher zu kommen. Auf diese Weise kommen unsere Anstrengungen allmählich zu einem großen Vermögen zusammen.

Aus dem Sohar-Unterricht vom 28.11.2010. Das Vorwort.

Beschneidung für die spanische Seele

Eine Frage, die ich aus Sevilla, Spanien erhielt: Muss man sich auf der physischen Ebene beschneiden lassen, um die gleiche innere spirituelle Absicht zu spüren, und schränkt es einen Menschen in der Spiritualität ein, wenn er die entsprechenden materiellen Handlungen nicht ausführt?

Meine Antwort: Ich habe bereits so oft wiederholt, dass durch physische Handlungen nichts in der Spiritualität bestimmt wird. Alle Klärungen und alle Korrekturen werden in den Beziehungen zwischen den Menschen realisiert.

Es gibt lediglich zwei Korrekturen:

1) „Geben um zu geben“ oder „Was dir verhasst ist, tue deinem Nächsten nicht an“.

2) „Empfangen um zu geben“ oder „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“.

Durch die erste Korrektur erreichen wir die Eigenschaft von Bina, die Eigenschaft des Gebens („Chafez Chessed“), und durch die zweite Korrektur erreichen wir die Eigenschaft von Keter, die Eigenschaft des Schöpfers. Das sind zwei Korrekturabschnitte, von denen die gesamte Tora berichtet.

Entsprechend diesen Korrekturen gibt es 613 „Ratschläge und Anweisungen der Tora“ („Ejtin“ und „Pkudin“) – das sind alles Handlungen zur Korrektur des Verlangens. Und wenn die Rede von einer Beschneidung (Brit Mila) ist, dann ist die Korrektur des Verlangens gemeint, das Verbot, es weiter als die Sefira Jessod zu benutzen, die der Korrektur unterzogen wird.

Und keine physische Operation wird dem Menschen helfen, zu einem Heiligen/einem Gebenden zu werden. Wir müssen an die inneren/spirituellen Korrekturen denken. Jeder Mensch kann aber entsprechend der Herkunft seine Traditionen pflegen.

Beim Beschreiben einer korrigierten Gesellschaft der Zukunft in dem Artikel „Die letzte Generation“ schreibt Baal HaSulam, dass jeder in seiner Religion bleiben darf – das beeinträchtigt nicht die spirituelle Erkenntnis.

Obwohl die Traditionen des Judentums sich von allen anderen Traditionen dadurch unterscheiden, dass sie die wahren spirituellen Gesetze widerspiegeln, hilft deren äußeres Befolgen auf keinen Fall, die Seele zu korrigieren. Das ist nur ein Brauch, den zu befolgen es in dieser Welt üblich ist – als Kultur eines Volkes.

Aus dem Unterricht nach „Bejt Schaar haKavanot“ vom 28.11.2010

Die Wiederholbarkeit des Versuchs ist ein Kriterium für die Wahrheit

Eine Frage, die ich erhielt: Können wir frei entscheiden, welchen Glauben wir wählen?

Meine Antwort: Wir können nur in einem frei entscheiden, und das bezieht sich nicht auf den Glauben.

Es ist klar, dass wir nichts, was unserer Natur zuwider ist, sondern das, was uns passt, wählen würden – also haben wir hier keine freie Wahl.

Wir müssen nicht den Glauben wählen, sondern die Enthüllung erreichen, die Wahrheit enthüllen, und nicht aus abstrakten Theorien jene wählen, die mir am besten gefällt!

Wenn andere Menschen in dieser Welt über andere Fakten verfügen, dann ist mein Wissen kein Fakt mehr. Woher wissen die Kabbalisten, die die spirituelle Enthüllung erreicht haben, dass das, was sie enthüllt haben, wahr und richtig ist? – Weil sie alle die gleichen Erscheinungen durch eigene Erfahrung enthüllen.

Jeder, der eine bestimmte Stufe oder die Korrektur irgendeiner Kraft erreicht, enthüllt die gleichen Erscheinungen. Er erfährt die gleiche innere Erfüllung, die sich Seele nennt, wie auch alle Anderen, die den gleichen Zustand erreicht haben.

Sowohl der Weg als auch die Erkenntnis und das Verständnis sind für alle gleich, jeder kommt zum gleichen Ergebnis. Deshalb wird das von den Kabbalisten als Fakten bezeichnet, genauso wie die Fakten unserer Welt.

In unserer Welt führe ich eine Untersuchung durch, bekomme ein Ergebnis, gebe einen wissenschaftlichen Artikel mit Erklärungen zu den Ergebnissen heraus und biete allen an, sie auf die Richtigkeit zu überprüfen. Und wenn man meine Ergebnisse überprüft und sich von deren Richtigkeit überzeugt, wird das zu einem anerkannten Fakt.

Es gibt kein absolutes Wissen, das nach keinen Beweisen verlangt, alles existiert nur entsprechend den realen Empfindungen, in denen ich Fakten ergründe.

Natürlich ist das ein relatives Wissen, welches in Bezug auf meine irdischen Eigenschaften ergründet wird. Jedoch ergründen alle die gleichen Fakten, darum werden sie als wissenschaftliches Gesetz bezeichnet. Auf diese Weise haben wir alle physikalischen Gesetze entdeckt.

Sie alle wurden unter den Bedingungen, die uns auf dieser Erde umgeben, bestimmt. Wenn wir aber auf ein anderes Planet gelangen würden, könnten dort ganz andere Gesetze herrschen – wer weiß?

Denn ich überprüfe die Gesetze in Bezug auf den gleichen Menschen, der mit mir zusammen auf dieser Erde lebt.

Laut Einsteins Theorie wirken beim Fliegen mit Lichtgeschwindigkeit ganz andere Gesetze: die Entfernung schrumpft, die Zeit wird beschleunigt, die Formen verbiegen sich – was gerade ist, wird krumm und die Verkrümmungen werden im Gegenteil gerade…

Deshalb legen wir fest, dass wir uns mit einer irdischen Natur beschäftigen, die auf jeden Menschen anwendbar ist. Die gleiche Herangehensweise verwenden wir in der Spiritualität. Das zeugt von der Authentizität der Kabbala als Wissenschaft – wenn wir zu irgendwelchen Schlussfolgerungen gelangen, wissen wir, dass sie auf uns anwendbar sind.

Rabash schreibt, dass, wenn ein Engel und ich sich gleichzeitig einen Tisch anschauen würden, wir unterschiedliche Sachen sehen würden. Deshalb wirken alle Schlussfolgerungen in Bezug auf den erkennenden Menschen.

Aus dem Unterricht nach dem Artikel „Körper und Seele“ vom 28.11.2010

Das Leben mit mehreren Unbekannten

Der Mensch in dieser Welt weiß nicht, was mit ihm im nächsten Augenblick geschieht.

Er versteht nicht, warum mit ihm das, was gestern war, geschehen ist und woher die Verlangen und die Gedanken jetzt in ihm aufkommen – er spürt, dass er sich in der Gewalt von unberechenbaren Kräften befindet, als ob er in Bezug auf seine Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft in der Luft hängen würde.

Er versucht, irgendeine Stütze für sich zu finden, indem er nach einer Erklärung für den Aufbau des Universums mit Hilfe von logischen Überlegungen und Vermutungen sucht.

Das Ego wächst und stellt uns immer mehr Fragen über unser Leben… und darüber, was uns nach dem Tod erwartet.

Und je mehr Kraft wir dank der Technikentwicklung und dem Widerstand gegen die Natur bekommen, desto gewaltiger geht sie gegen uns vor und zwingt uns, die Antwort nach unserer Lenkung und dem Sinn des Lebens zu klären. Im Endeffekt fühlen wir uns wie in einem leeren Raum.

Ein Höhlenmensch, der einem Mammut nachjagte, glaubte alles über sein Leben zu wissen. Er spürte und verstand die Welt viel besser, als wir es tun.

Wir jedoch geben uns mit keiner bestehenden Theorie zufrieden, wir brauchen eine klare Antwort, denn wir sind nicht einmal in der Lage, unser alltägliches Leben richtig zu organisieren. Dort entstehen so viele Fragen, dass wir nicht fähig sind, mit ihnen fertig zu werden.

Es ist wie in der Mathematik: Um eine Unbekannte auszurechnen, reicht eine Gleichung. Für zwei Unbekannte sind zwei Gleichungen nötig. Wir aber haben eine Vielzahl an Unbekannten und immer weniger Angaben und Fakten, aus denen wir eine Formel erstellen können.

Frühere philosophische und religiöse Erklärungen haben keine Wirkung mehr auf uns, wir können uns nicht auf sie verlassen, wir verlangen nach Fakten und Beweisen, sprich nach Erkenntnis.

Wenn wir nur wüssten, dass wir über keinerlei freien Willen verfügen, hätten wir eine ganz andere Gesellschaft und andere Beziehungen darin, ein anderes Straf- und Justizsystem aufgebaut.

Das heißt, dass das Problem, welches die Kabbala zur Lösung anbietet, nicht theoretisch, sondern sehr praktisch ist: zu bestimmen, wo und wie wir einen Einfluss ausüben und diese Möglichkeit realisieren können.

Aus dem Unterricht nach dem Artikel „Körper und Seele“ vom 28.11.2010

Der Schrei in der Wüste

Eine Frage, die ich erhielt: Was bedeutet MaN zu erheben?
Meine Antwort: MaN heißt, die Bitte dem Schöpfer ähnlich zu werden. Sie entsteht, wenn der Mensch sich so hilflos fühlt, als ob er sich in der Wüste befände.

Er ist nackt und er hat nichts, er ist kraftlos und die anderen können ihm nicht helfen. Er versteht, dass er nicht die geringste Möglichkeit hat, das Geben und die Liebe zu erreichen.

Er kommt sich wie ausgetrocknet vor und von „Löwen“, Verlangen, die ihn „auffressen“, umgeben. Sein Leben ist in Gefahr und er kann nicht aus diesem Zustand zum Geben herausfinden.

Die ganze Welt liegt vor seinen Füßen, außer dem Geben und der Nächstenliebe, der Liebe zum Schöpfer. Womit sein Egoismus sich auch beschäftigen mag, wenn darüber nicht die Eigenschaften des Gebens und der Liebe herrschen, ist der Mensch in der Wüste verloren.

In dieser Wüste, in der Wüste des Egoismus wird sein spiritueller Ruf so stark, dass er schreit, und dieser Schrei erreicht das Ziel.

Aus einem Sohar-Unterricht. Vorwort, 28.11.2010