Kabbala und der Sinn des Lebens - Michael Laitmans persönlicher Blog

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Die zentrale Kraft der Natur

Frage: Inwiefern unterscheidet sich das Ego von einem hohen Selbstvertrauen?

Meine Antwort: In der Tat ist das Ego nicht schlecht. Es ist die zentrale Kraft der Natur, die jeden Stoff entwickelt und alles vorwärtstreibt. Der Punkt ist, dass sie sich heutzutage, wo wir der Natur entgegengesetzt sind, negativ auswirkt.

Bis in unsere Zeit war sie nicht negativ. Wir machten Fortschritte, entwickelten Wissenschaft, Technologie, das Leben und soziale und politische Strukturen. Je mehr Sehnsüchte und Wünsche jemand hatte, um so höher stand er: Ein Wissenschaftler, ein Erfinder, ein Dichter; egal, was genau, aber er trieb die Entwicklung voran.

Wie auch immer, jetzt ist es umgekehrt. Das Ego ist zum Pharao geworden und alles ist zum Stillstand gekommen; nichts entwickelt sich mehr, sondern alles sinkt und schwindet nur noch. Weil die Natur ganzheitlich geworden ist, verwandelt sich das Ego in ein Hindernis. Es müsste auch integral werden.

Wenn irgendein Organ im Körper beginnt, nur noch an sich selbst zu denken, wird es zu einem bösartigen Tumor, der alles um sich herum aufsaugt und zerstört. Das ist genau, was in unserer Gesellschaft diese Tage passiert, mit unserem Planeten, mit unserer Umwelt.

Wir müssten uns im Gegenteil in einer wechselseitigen, integralen Verbindung miteinander befinden, genau wie auch unser Körper beschaffen ist. Wenn alle Teile der Gesellschaft sich – wie die einzelnen Teile des Körpers – zu einem integralen Bund vereinigen, so müssen sie lernen, zusammenzuarbeiten. Andernfalls werden sie sich gegenseitig zerstören, genauso wie ein bösartiger Tumor.

Aus dem egozentrischen Weltbild herausgerissen werden

Frage: Was sind die ersten Schritte unserer Annäherung an den Schöpfer, die das eigentliche Ziel der Wissenschaft der Kabbala ist?

Meine Antwort: Die Annäherung in der Spiritualität bemisst sich weder anhand der Zeit, noch anhand des Raums, noch entsprechend der mechanischen Bewegung, sondern infolge der Veränderung der Eigenschaften, anhand der Qualität. Ich soll in mir eine zusätzliche Empfindung, ein allgemeines neues Gefühl entwickeln, das als Geben bezeichnet wird. Bislang nehme ich das ganze Universum durch den Filter einer egoistischen Eigenschaft wahr, in meinem Bedürfnis, ständig eine Füllung zu empfangen und zu genießen, wobei ich mich in Richtung auf das Gute ausrichte und das Böse abstoße.

Nur anhand solcher Kategorien wie das Gute und das Böse nehme ich die Welt wahr. Ich gleiche darin einem Hund, der die ganze Welt nur mit Hilfe von Gerüchen wahrnimmt und eine Sache von der anderen nur dadurch unterscheidet, wie sie riecht. Er sieht fast nichts, sondern empfängt 99 % seiner Informationen aus dem Geruch. Auch wir unterscheiden heute alles nur entsprechend unserem egoistischen Verlangen: Wir erkennen schwarz und weiß, verschiedene Farben, hoch und niedrig, ferne und nah, angenehm und unangenehm, das sind einige Eigenschaften, die von mir in dieser Welt wahrgenommen werden.

Ich bin mir nicht einmal bewusst, dass ich alles nur danach beurteile, inwiefern es mir persönlich gut tut oder nicht. Es gibt ein Netzwerk in meinem Inneren, das alle Eindrücke entsprechend ihrem Nutzen oder Schaden für mich wahrnimmt, und auf diese Weise klassifiziere ich alle Farben, Entfernungen, Zeiten, die Bewegung, verschiedene Objekte und ihr Verhalten – aller laut eines egoistischen Prinzips.

Ich erkenne das nicht einmal, weil diese egoistische Empfindung das einzige ist, was ich besitze, so dass ich mir ihrer Anwesenheit in mir nicht bewusst bin, weil ich bereits damit geboren wurde. Alles wird auf dem Netz des Radars meines Verlangens zu Genießen wahrgenommen. Wie bei einer Lichtbildaufnahme, für die eine lichtempfindliche Platte oder ein Film benötigt wird, existiert auch in unserem Inneren eine Art Schirm, der für eine mögliche Erfüllung oder einen potentiellen Schaden empfindlich ist.

Entsprechend seiner Möglichkeiten unterscheide ich allerlei Formen und Objekte, sogar unbelebte Gegenstände: das Glas mit Wasser auf dem Tisch, verschiedene Farben, die Menschen, Kälte und Wärme, Entfernungen. Ich bewerte alles im Hinblick darauf, was mir gut tut, oder was mir schadet. Diese feinen Unterschiede schattieren mir die Bilder dieser Welt, die ich vor mir sehe. Aber sie existiert nur in der Wahrnehmung meines egoistischen Verlangens, zu genießen.

Um von ihm nicht vollkommen abzuhängen, führt uns die Wissenschaft der Kabbala an das Verlangen zu Geben heran. Und darin beginne ich „eine verwandelte Welt“ – die ganze Realität mit den Augen des Gebens zu sehen – das heißt, ich gewichte nun danach, inwiefern jede Handlung und jedes Bestreben für mein Geben an die anderen gut ist.

Es ist gesagt: „Das Eine und sein Gegenteil hat der Schöpfer geschaffen“; nachdem ich diese beiden Paradigmen offenbare, kann ich über diese zwei Prinzipien der Wahrnehmung hinaufsteigen. Dank dieser inneren Arbeit werde ich mich über die gesamte Schöpfung erheben können.

Auszug aus dem Unterricht nach dem Artikel aus dem Buch „Schamati“, 12.04.2012

Die weiblichen und männlichen Kräfte – Die Bedingung des spirituellen Aufstiegs

Kongress in Vilnius. Lektion 2

Wir studieren die Rolle des Mannes und der Frau in ihrem Ursprung, im System der spirituellen Welten. Wir sollen aus diesem System und nicht aus unserer Welt die Beispiele nehmen.

Auch wenn es in unserer Welt viele Theorien gibt, können wir dennoch erkennen, dass wir bis heute nicht wissen, worin eigentlich die richtige Rolle des Mannes und der Frau besteht. Deshalb ist unsere Welt so zerrüttet.

In der Spiritualität gibt es die Eigenschaft des Gebens – „Bina“, wir sollen unsere Eigenschaften dieser angleichen. Dazu sollen wir auf solch summarische Weise vereinigt werden, dass die Kraft der Vereinigung „Zeir Anpin“ erreicht, denn „SA“ wird uns zu „Bina“ erheben. Es ist ein sehr kompliziertes System mit einer Menge einzelner Elemente. Es lenkt uns, daraus steigen alle Signale zu den Seelen nieder. Diese Signale wirken auf uns und wir steigen folglich zu diesem System auf.

Laut diesem System gibt es in der Welt zwei Kräfte – die weibliche und die männliche Kraft. Es ist unmöglich, nur mit Hilfe einer Kraft aufzusteigen. Nur der richtige Einsatz von beiden Kräften schafft die notwendigen Bedingungen für den Aufstieg.

Der weibliche Anfang bildet das riesige Verlangen. Dieses Verlangen kann aber nicht selbständig realisiert werden, da es einfach ein Wunsch ist, der keine Möglichkeit für die eigene Realisierung hat. Neben diesem Wunsch befindet sich eine andere Kraft – die Männliche. Seitens der Frau besteht die Notwendigkeit des Aufstiegs und deshalb treibt sie de männlichen Teil Richtung Ziel. Die Frau bringt also ihr riesiges Verlangen mit, sie begeistert, motiviert, betet und formt. Sie stößt die Männer voran, wie die Mutter ihre Kinder für die Schule, oder die Frau die ihren Mann auf die Arbeit vorbereitet. Sie schafft die Bemühungen, dank welchen sie sich entwickeln können, anderenfalls würden sie nicht aufsteigen können.

Wenn die Männer das weibliche Verlangen spüren, können sie es realisieren und aufsteigen. Die Frau symbolisiert einen Mangel der Füllung, das riesige Verlangen, ohne welches buchstäblich nichts existieren kann. Und der Mann ist eine Kraft, die diesen Mangel in die Triebkraft umwandelt und den Schöpfer erreicht. Mit Hilfe jenes Wunsches, den er vom weiblichen Teil empfangen hat, erreicht er den Schöpfer. Er und sie zusammen richten dieses Verlangen zum Schöpfer und miteinander realisieren sie diesen Wunsch.

So war es in unserer Welt früher. Der Mann ging auf die Jagd hinaus und brachte seine Beute nach Hause. Heute geht er arbeiten und bringt sein Gehalt nach Hause. So existiert die Familie, so existiert die Welt. In unserer Gruppe dürfen wir diese natürlichen Bedingungen nicht verletzen. Anderenfalls werden wir dem höheren System nicht gleich werden. Wir sollen die ganze Zeit die Gleichheit mit dem höheren Parzuf anstreben.

Deshalb brauchen wir das weibliche Verlangen, die weiblichen Anstrengungen und ihr Gebet, das aus der Tiefe des Herzes ausgeht. Mit schweigsamen Verlangen können die Frauen die Männer so beeinflussen, dass diese förmlich spüren, wie die Frauen sie anschreien, wobei sie in Wirklichkeit kein einziges Wort aussprechen, sondern es einfach nur schweigsam verlangen. Die Männer werden das weibliche Verlangen empfinden.

Der Mann hat die Möglichkeit, das Verlangen der Frau so zu empfinden, dass er gleich dieses Verlangen realisieren will. Er muss dieses Chissaron realisieren – so sind wir veranlasst. Wenn wir unsere gemeinsamen Wünsche richtig ausrichten, werden wir gewiss das Ziel erreichen.

Ohne Frauen ist die Bewegung vorwärts unmöglich. Sie provozieren diese Bewegung, sie reagieren schnell auf die Veränderungen in der Welt und auf unsere Methodik. Die Männer sollen sich untereinander verbinden und diese Methodik realisieren. Warum? Weil die Kraft, die uns nach oben zieht, die Kraft des Gebens ist. Von den Frauen kommt der Mangel, das Bedürfnis, und die Männern generieren aus diesem Mangel die Kraft des Gebens.

Auf diesem Prinzip bauen wir unsere Gruppen auf.

Auszug aus der 2. Lektion des Kongresses in Villnius, 23.03.2012