Kabbala und der Sinn des Lebens - Michael Laitmans persönlicher Blog

Aus dem egozentrischen Weltbild herausgerissen werden

Frage: Was sind die ersten Schritte unserer Annäherung an den Schöpfer, die das eigentliche Ziel der Wissenschaft der Kabbala ist?

Meine Antwort: Die Annäherung in der Spiritualität bemisst sich weder anhand der Zeit, noch anhand des Raums, noch entsprechend der mechanischen Bewegung, sondern infolge der Veränderung der Eigenschaften, anhand der Qualität. Ich soll in mir eine zusätzliche Empfindung, ein allgemeines neues Gefühl entwickeln, das als Geben bezeichnet wird. Bislang nehme ich das ganze Universum durch den Filter einer egoistischen Eigenschaft wahr, in meinem Bedürfnis, ständig eine Füllung zu empfangen und zu genießen, wobei ich mich in Richtung auf das Gute ausrichte und das Böse abstoße.

Nur anhand solcher Kategorien wie das Gute und das Böse nehme ich die Welt wahr. Ich gleiche darin einem Hund, der die ganze Welt nur mit Hilfe von Gerüchen wahrnimmt und eine Sache von der anderen nur dadurch unterscheidet, wie sie riecht. Er sieht fast nichts, sondern empfängt 99 % seiner Informationen aus dem Geruch. Auch wir unterscheiden heute alles nur entsprechend unserem egoistischen Verlangen: Wir erkennen schwarz und weiß, verschiedene Farben, hoch und niedrig, ferne und nah, angenehm und unangenehm, das sind einige Eigenschaften, die von mir in dieser Welt wahrgenommen werden.

Ich bin mir nicht einmal bewusst, dass ich alles nur danach beurteile, inwiefern es mir persönlich gut tut oder nicht. Es gibt ein Netzwerk in meinem Inneren, das alle Eindrücke entsprechend ihrem Nutzen oder Schaden für mich wahrnimmt, und auf diese Weise klassifiziere ich alle Farben, Entfernungen, Zeiten, die Bewegung, verschiedene Objekte und ihr Verhalten – aller laut eines egoistischen Prinzips.

Ich erkenne das nicht einmal, weil diese egoistische Empfindung das einzige ist, was ich besitze, so dass ich mir ihrer Anwesenheit in mir nicht bewusst bin, weil ich bereits damit geboren wurde. Alles wird auf dem Netz des Radars meines Verlangens zu Genießen wahrgenommen. Wie bei einer Lichtbildaufnahme, für die eine lichtempfindliche Platte oder ein Film benötigt wird, existiert auch in unserem Inneren eine Art Schirm, der für eine mögliche Erfüllung oder einen potentiellen Schaden empfindlich ist.

Entsprechend seiner Möglichkeiten unterscheide ich allerlei Formen und Objekte, sogar unbelebte Gegenstände: das Glas mit Wasser auf dem Tisch, verschiedene Farben, die Menschen, Kälte und Wärme, Entfernungen. Ich bewerte alles im Hinblick darauf, was mir gut tut, oder was mir schadet. Diese feinen Unterschiede schattieren mir die Bilder dieser Welt, die ich vor mir sehe. Aber sie existiert nur in der Wahrnehmung meines egoistischen Verlangens, zu genießen.

Um von ihm nicht vollkommen abzuhängen, führt uns die Wissenschaft der Kabbala an das Verlangen zu Geben heran. Und darin beginne ich „eine verwandelte Welt“ – die ganze Realität mit den Augen des Gebens zu sehen – das heißt, ich gewichte nun danach, inwiefern jede Handlung und jedes Bestreben für mein Geben an die anderen gut ist.

Es ist gesagt: „Das Eine und sein Gegenteil hat der Schöpfer geschaffen“; nachdem ich diese beiden Paradigmen offenbare, kann ich über diese zwei Prinzipien der Wahrnehmung hinaufsteigen. Dank dieser inneren Arbeit werde ich mich über die gesamte Schöpfung erheben können.

Auszug aus dem Unterricht nach dem Artikel aus dem Buch „Schamati“, 12.04.2012


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