Kabbala und der Sinn des Lebens - Michael Laitmans persönlicher Blog

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Ein Felsen, abgetrennt vom Berg

Es steht geschrieben, dass die Seele des Menschen ein Teil des Schöpfers ist, so wie ein Felsen, der von einem Berg abbricht, ein Teil des Berges bleibt. Der Schöpfer erschuf ein einziges gemeinsames Verlangen, durch welches alle Seelen miteinander in einer einzigen Seele, genannt „Adam“, verbunden sind, die mit dem Licht der Unendlichkeit gefüllt ist. Der Zustand dieser einen Seele wird die „Welt der Unendlichkeit“ genannt, und sie wird uns als ein Beispiel für die Vollkommenheit gegeben.

Dennoch fühle ich mich wie ein kleiner Teil, welcher von den anderen Teilen abgeschnitten ist, oder wie ein Punkt in einem riesigen System. Wenn ich das Verlangen verspüre, mich mit den andern zu verbinden, durch das Geben und Empfangen, mit der Absicht, mich dem Schöpfer anzugleichen, so erlange ich Seine Form und kann mich Ihm annähern. Wenn ich meine Liebe mit den anderen Seelen teile (gemeint sind die anderen Teile in diesem System), dann werde ich mich von einem Felsen zu einem Berg verwandeln.

Durch die Verbindung mit den anderen erwerbe ich ihre Verlangen, denn die Verlangen einer anderen Person können nur durch die Liebe zu ihr erlangt werden. Daher steht geschrieben, „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst ist das größte Gesetz der Tora“, wobei das Wort „Tora“ das Höhere Licht meint, welches das gesamte System der Seelen (den Schöpfer) füllt.

Wenn ich die Verlangen meines Freundes mit meinen eigenen verbinde, werden wir zu einem Ganzen und wir beide werden ich. Durch meinen Freund kann ich mich dann mit einer dritten Person verbinden und auch diese wird mit mir verbunden und mir nahe sein. Auf diese Weise verbinde ich mich schrittweise mit allen Seelen.

Je größer meine Verbindung mit den anderen ist, desto höher ist mein spiritueller Aufstieg. So wie meine Verbindung wächst, erklimme ich die Stufen der spirituellen Welten und verwandle mich von einem kleinen Felsen zu einem ganzen Berg.

“Lass jeden Tag aufs Neue beginnen”

Der Sohar, Abschnitt „Shmini“, Punkt 46: „Und er sprach zu Aaron: `Nimm dir ein Stierkalb,´“ um für das Kalb zu sühnen, durch das er gesündigt hat, wie geschrieben steht, „ … und er machte daraus ein gegossenes Kalb.“

Eine der Eigenschaften im Innern eines Menschen, Moses genannt, erklimmt einen Berg, während eine andere, sehr erhabene Eigenschaft, Aaron genannt, die größte Sünde begeht: Ein goldenes Kalb anzubeten. So arbeiten diese zwei extremen Punkte in einem Menschen.

Ein Stierkalb und nicht eine Stierkuh. Ein Rind schließt einen Ochsen ein, Gewura de Seir Anpin, und eine Kuh beinhaltet Malchut. Malchut enthält drei Gesichter: Das Gesicht eines Löwen, das Gesicht eines Ochsen und das Gesicht eines Adlers. Ein Stierkalb beinhaltet den Ochsen eingeschlossen in Malchut.

Wir dürfen nicht versuchen, uns an die Worte dieses Textes zu erinnern – es macht nichts, wenn alles aus unserem Gedächtnis in den nächsten paar Sekunden verschwindet. Darüber sollten wir nicht besorgt sein. Unsere einzige Besorgnis sollte sein, zu versuchen, die Worte zu fühlen, die wir lesen, und das ist alles.

Wir sollten nicht versuchen, uns an irgendetwas zu erinnern. Wenn wir einer normalen Geschichte über diese Welt zuhören, dann brauchen wir uns nicht daran zu erinnern, was „eine Kuh“ oder „ein Kalb“ oder ein „Mensch“ bedeutet. Wir fühlen einfach diese Begriffe. Das Gleiche gilt für spirituelle Begriffe – wir benötigen sie nur alle, damit sie in uns enthüllt werden, anstatt sie mechanisch auswendig zu lernen.

Im Gegenteil, wenn wir uns an etwas erinnern, unterliegen wir der Gefahr anzunehmen, dass wir bereits etwas erlangt hätten; das ist jedoch eine Lüge. Wir werden uns mit den falschen Dingen zufrieden fühlen.

Daher ist es besser, sich überhaupt nicht an irgendetwas zu erinnern und „jeden Tag aufs Neue beginnen“ zu lassen. Wir sollten den Unterricht verlassen, ohne uns an irgendwas zu erinnern, als hätten wir überhaupt nichts gelesen. Die entscheidende Sache ist, dass wir uns angestrengt und auf eine Enthüllung gewartet haben.

Die Wirklichkeit durch die Brille des Sohar wahrnehmen

Im „Vorwort zum Buch Sohar“ schreibt Baal HaSulam, dass, obwohl es mir so erscheint, als würde alles außerhalb von mir, vor meinen Augen stattfinden, jeder vernünftige Mensch weiß, dass alle diese Bilder nur im Gehirn existieren. Wenn ich mir dessen bewusst werde, bin ich bereit anzufangen, mich den Dingen zu nähern, von denen in der Wissenschaft der Kabbala gesprochen wird.

Der Mangel an diesem Bewusstsein ist die Ursache, warum das Buch Sohar vor uns verborgen ist und wir nicht wissen, wie man es öffnet und liest. Dies ist so, weil der Schlüssel zu seinem Verständnis darin liegt, die korrekte Wahrnehmung der Wirklichkeit zu besitzen. Dem Buch Sohar darf man sich nur annähern, indem man sich die Beschreibungen in sich selbst vorstellt.
Terminologie, Laute, Welten, spirituelle Objekte, Seelen und Beziehungen sind alles Vorstellungen in mir. Das ist insbesondere wahr, wenn man sich mit den Parametern der Wahrnehmung der Wirklichkeit befasst: Welt, Jahr und Seele – die sich alle über Zeit, Raum und Bewegung befinden.

Wenn ich den Text als ein sich entfaltendes Muster von Beziehungen zwischen Kräften und Eigenschaften in meinem Innern empfinde, werde ich allmählich zunehmend tiefere innere Zustände enthüllen. Dann wird es klar werden, dass diese äußere Wirklichkeit nicht wirklich wahr ist, selbst wenn sie mir wirklich erscheint. Ich nehme sie lediglich als außerhalb und unabhängig von mir existierend wahr.

Es ist meine gegenwärtige Torheit, zu denken, dass nicht ich diese Wirklichkeit hervorbringe, indem ich irrtümlicherweise denke, dass sie sich von selbst vor mir entfaltet und bereits vor meiner Geburt existiert hat und sicherlich nach meinem Tod bestehen wird. Ich muss versuchen, alle diese überzeugungen zu ändern, um verstehen zu können, was der Sohar mir erklären will.

Der Schlüssel und der Eingang zum Buch Sohar liegen genau darin, alles in mein Inneres zu transportieren, gemäß dem Prinzip „Ein Mensch ist die ganze Welt.“ Ich kann sagen, ob mein Studium korrekt ist oder nicht, indem ich überprüfe: „Wie sehr erwarte ich, meine gesamte Zukunft in meinem Innern zu fühlen und zu enthüllen?“

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