Kabbala und der Sinn des Lebens - Michael Laitmans persönlicher Blog

Die Physik unserer Verlangen

Toronto, Unterricht vor dem Kongress

Baal haSulam, Einführung zu TES, Punkt 42: Dass wir vom Schöpfer so fern sind und in einem solchen Grad gegen Seinen Wunsch verstoßen können, ist aus einem einzigen Grund hervorgerufen, der zur Quelle aller Leiden und Qualen wurde, die wir erdulden, und aller böswilligen Verbrechen und Unachtsamkeitsverstößen, über welche wir stolpern.

Gleichzeitig ist klar, dass wir uns sofort von allem Kummer und Leid befreien werden und sofort der Verschmelzung mit dem Schöpfer mit dem ganzen Herzen und der ganzen Seele würdig werden, sobald dieser Grund beseitig ist. Hier werde ich dir sagen, dass dieser ursprüngliche Grund in nichts anderem als in der „Nichtigkeit unseres Verständnisses Seiner Lenkung Seiner Geschöpfe“ besteht. Wir verstehen Ihn nicht so, wie es sich gehört.

Wir haben in der Tat ein sehr großes Problem mit den korrekten Begriffen. Der Stil der kabbalistischen Texte erscheint uns manchmal dermaßen religiös, dass wir von der Realität und der richtigen Position sehr weit zurückgeworfen werden, von der wir uns selbst und die Welt als eine bestimmte Abordnung von Kräften und Systemen mit den für sie typischen gegenseitigen Beziehungen, Vektoren, Zahlenwerten und Messdaten wahrnehmen müssen.

Wir sind an eben diese Herangehensweise gewohnt, und aus diesem Grund müssen die jahrhundertealten Definitionen mit neuen, verständlichen Begriffen versehen werden, damit wir uns nicht irren und nicht den eigenen Phantasien verfallen.

Darum schreibt Baal haSulam, dass der Grund unserer Entfernung von dem Schöpfer darin liegt, dass wir Ihn nicht verstehen. Dieses Unverständnis betrifft in erster Linie die begriffliche Definition.

Die Einführung zu der Lehre von den Zehn Sefirot ist die wichtigste von allen Einführungen von Baal haSulam. Sie leitet sein Hauptwerk ein, das uns erklärt, in welchem System der gegenseitigen Verbindung wir uns befinden, was zwischen uns geschieht, wie wir miteinander und der gesamten Realität verbunden sind. Wir gehen aus uns selbst in den Raum zwischen uns hinaus, in dem sich die Kraft befindet, die die Menschen voneinander wegstößt. Indem wir beginnen, diese Kraft zu überwinden, formen wir ein anderes Feld – kein Feld der Abstoßung, sondern ein Feld der Annäherung bzw. Entfernung.

Momentan liegt zwischen uns die negative Kraft, die Ablehnung („-„), ein Feld, in dem wir uns alle gegenseitig voneinander wegstoßen. Jeder ist bereit, nur sich selbst wahrzunehmen -ein solcher Zustand wird als „diese Welt“ bezeichnet. Wenn wir aber aus uns selbst herausgehen und beginnen, das, was sich zwischen uns befindet, wahrzunehmen, wird ein solcher Zustand als „höhere Welt“ bezeichnet.

Die Abstoßung zwischen uns ist ein „Verbrechen“: wie Baal haSulam schreibt, verstoßen wir gegen das Verlangen des Schöpfers. Der Drang nach der Einheit zwischen uns wird als „Gebot“ (+) bezeichnet. Der Übergang vom Verbrechen zum Gebot ist die Korrektur. All die Mühe, die ich aufwende, um vom Verbrechen zum Gebot, von meinem Egoismus, vom Empfangen zum Geben überzugehen, wird als „Anstrengungen“ bezeichnet.

Alle diese Kräfte kann ich messen: wie viel wollte ich bekommen, wie viel habe ich überwunden, inwiefern habe ich mich vom Empfangen zum Geben ausgerichtet, wie viel Kraft habe ich investiert, sprich wie viele Anstrengungen unternommen, in welchem Maße habe ich früher mein egoistisches Verlangen und in ihm diese Welt wahrgenommen, inwiefern gehe ich jetzt aus mir heraus und beginne, in der äußeren Ausrichtung die höhere, spirituelle Welt wahrzunehmen: mit welcher Kraft, auf welcher Höhe. Das alles kann gemessen werden.

Genau damit beschäftigt sich die Wissenschaft der Kabbala – mit der Physik der menschlichen Verlangen. Natürlich können wir derartige Veränderungen noch nicht praktisch umsetzen, weil wir noch nicht über entsprechende Kräfte verfügen. Doch im Prinzip können wir mit allen diesen Parametern sehr real arbeiten, indem wir unsere gegenseitigen Verbindungen praktisch überprüfen: wie viel gebe ich dir und wie viel bekomme ich von dir. Dafür müssen wir uns über unsere Natur erheben und eine objektive Position außerhalb von ihr – außerhalb des Empfangens, außerhalb des Gebens, außerhalb von allem – einnehmen und von der Seite, von außen die Geschehnisse prüfen, beobachten und bemessen.

Die Fähigkeit dazu nennt man „Einschränkung“. Mit deren Hilfe schalten wir uns einfach von unserer Natur ab. Selbst wenn wir nicht in der Lage sind, wirklich aus ihr auszubrechen, können wir dennoch erreichen, dass sie uns nicht beherrscht. Genau das wird als „Austritt“ aus ihr bezeichnet. Danach sind wir tatsächlich in der Lage, alle Parameter zu messen.

Auszug aus dem Unterricht vor dem Kongress in Toronto, 16.09.2011


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