- Kabbala und der Sinn des Lebens - https://www.laitman.de -

Im Land des Pharaos, dem König von Ägypten

Es gibt viele Möglichkeiten, über das Drama zu denken, das sich zwischen Pharao und Moses im biblischen Ägypten abspielte. Manche sehen es als Geschichte, andere als Folklore und wieder andere als eine Allegorie, die uns Moral lehren soll. Die Weisheit der Kabbala hat eine völlig andere Sichtweise auf die Geschichte des Auszugs des Volkes Israel aus Ägypten.

Sie sieht sie als einen Prozess, der zum entscheidenden Moment im Leben führt: die Befreiung vom Ego und der Eintritt in eine neue Realität, in der das Ego der Diener und ein fürsorgliche König ist. Deshalb ist es heute, wo der Egoismus unser alleiniger Herrscher ist, so wichtig, die Konzepte der Weisheit der Kabbala in der Gesellschaft zu verbreiten und etablieren, denn nur die Fürsorge für andere, kann es verhindern, dass die Welt in Stücke explodiert.

In den kabbalistischen Texten repräsentiert der Pharao das Ego, unsere Neigung, uns auf uns selbst zu konzentrieren und dem Bestreben anderen gegenüber überlegen zu sein. Die Periode, in der sich die Menschheit heute befindet, ist tatsächlich eine „Pharao“-Periode. In diesen Tagen tritt der Pharao, der verdorbene und unbiegsame Egoismus der Menschen, in den Vordergrund. Er kontrolliert unser Leben, organisiert es, und wir können vor seiner Kontrolle nirgendwo flüchten. Selbst wenn wir erkennen, dass es nicht gut für uns ist, uns vom Pharao regieren und versklaven zu lassen, entscheiden wir uns für „Brot und Spiele”, da wir ihm gegenüber hilflos sind.

Doch nach und nach bildet sich in uns die Erkenntnis, dass nichts im Leben so ist, wie es sein sollte. Allmählich wird uns klar, dass der endlose Jagd nach Genuss und Vergnügen, in uns am Ende ein Gefühl der Leere hinterlässt. Wir werden geboren, werden erwachsen, bekommen einen Job, vielleicht machen auch Karriere, bekommen Kinder, werden alt, werden krank und sterben.

Warum gehen wir durch diese Zyklen? Wenn wir am Ende sterben, aufhören zu existieren, warum werden wir dann überhaupt geboren? Die kleinen Freuden, die wir im Leben haben, wenn wir sie überhaupt haben, lindern etwas von dem Schmerz, den wir die restliche Zeit erleben. Aber wenn nichts von unserem Leben übrig bleibt, wenn es endet, was ist dann der Sinn des Lebens und was ist der Sinn des Leidens?

Wenn wir uns diese Fragen stellen, und heute sind es immer mehr Menschen, ist das ein Zeichen, mit der Herrschaft des Pharaos über uns, nicht mehr einverstanden zu sein. Dies ist der Beginn des Auftauchens des Moses in uns, einer neuen Perspektive auf das Leben, die uns aus den Fesseln des Egoismus herausziehen und uns aus dem metaphorischen Land der Selbstsucht befreien möchte: Ägypten.

Die Weisheit der Kabbala bezieht sich nicht auf physische Orte oder auf Menschen aus Fleisch und Blut. Jeder Darsteller im Drama repräsentiert eine Kraft in uns, und jedes Land, eine Art von Verlangen. Ägypten repräsentiert das Verlangen nach Selbstverwöhnung, die Konzentration auf sich selbst, während Israel für das Verlangen um zu geben, steht, sich um andere zu kümmern, sich mit ihren Herzen zu verbinden. Beide „Länder“ existieren in jedem Menschen auf der Welt; daher kann jeder Mensch wählen, mit wem er sympathisiert: mit dem inneren Land Ägypten, dem Egoismus, oder mit dem inneren Land Israel, dem Geben.

Beginnt Moses in uns zu wachsen, empfinden wir unseren Aufenthalt in Ägypten als erdrückend und beklemmend. Die Pessach-Geschichte erzählt, dass das Volk Israel in Ägypten im Exil war, was bedeutet, dass sie begannen, sich von den Fesseln des Egoismus zu befreien, aber der Pharao, der Kern des Egoismus, wollte sie nicht frei lassen.

Nach einiger Zeit in diesem Zustand beginnt die Moses-Kraft in uns zu wirken, gewinnt an Stärke und lässt alle Vergnügungen, die das Ego bietet, als sinnlos und geschmacklos erscheinen. Es ist nicht so, dass wir plötzlich von Reichtum zu Lumpen fallen, sondern derselbe Reichtum, der sich vorher so gut angefühlt hat, sich wert- und bedeutungslos anfühlt und wir verlieren jede Freude daran, ihn zu haben. Da wir aber keine anderen Freuden haben, empfinden wir alles als Leere und Hunger. Schlimmer noch, da wir noch nicht frei vom Egoismus sind und ihm immer noch dienen müssen, obwohl wir es nicht mehr wollen, spüren wir, dass wir seine Sklaven sind, vom Pharao versklavt.

Diese Empfindung haben heute schon viele Tausende von Menschen. Sie ist vor allem unter jüngeren Menschen stark verbreitet, die den Lebensstil ihrer Eltern ablehnen. Sie finden keine Freude daran, aber sie finden auch keine Freude an irgendetwas anderem. Deshalb wenden sich so viele von ihnen dem Drogenmissbrauch zu, um das Leben zu vergessen, oder dem Extremsport oder der Gewalt, auf der verzweifelten Suche nach etwas, das sie motiviert weiterzuleben. Diese Jugendlichen sind keine Versager und keine Dummköpfe. Im Gegenteil, sie sind sehr klug, sehr ehrlich zu sich selbst und verfolgen kein Ziel, das ihnen nicht erstrebenswert erscheint.

Diese Übergangszeit, in der wir uns befinden, kann lang und schmerzhaft sein. Der Kampf zwischen Pharao und Mose findet in jedem von uns statt, aber er hat auch soziale, nationale und internationale Auswirkungen. Die Bibel beschreibt die Zeit des Zögerns, ob man den Weg des Pharaos oder den Weg des Mose gehen soll, als die zehn Plagen Ägyptens. Aber am Ende kapituliert das Ego, nämlich der Pharao. Jetzt nähern wir uns diesem Punkt der Wahl auf der globalen Ebene. Wir können die Plagen wählen, sie ebenfalls erleben, oder wir können Moses‘ Weg wählen, bevor die Plagen auf uns zukommen.

Wir wissen, dass Moses am Ende gewinnen wird und wir eine geeinte Gesellschaft aufbauen werden, in der die Menschen füreinander sorgen. Je eher wir also in diese Richtung einschlagen, desto schneller werden wir diesen glückseligen Zustand erreichen. Dabei werden wir die Bedrängnisse Ägyptens vermeiden. Jetzt ist es an der Zeit, dass wir uns entscheiden, welchen Weg wir gehen wollen, in Richtung des Landes Ägypten und leiden, oder in Richtung des Landes Israel, dem Land der Einheit und Liebe.

#Passover #Israel #Liebe

Kostenlose Bilder: Bild von Simon Berger auf Pixabay