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Für manche Krieger hört der Krieg nie auf

Am Vorabend des israelischen Gedenktages für die gefallenen Soldaten der Kriege Israels und Opfer von Terroranschlägen hat sich Itzik Saidian, ein verwundeter Soldat, selbst angezündet. Er wurde nicht körperlich verletzt, aber seine Seele ist seit Jahren zerrüttet. Im Jahr 2014 wurde ein APV (Panzerpersonal Träger) der neun Soldaten aus seiner Einheit transportierte, von einer schultergefeuerten RPG-Rakete getroffen. Sieben seiner Freunde starben in der feurigen Explosion, und die beiden, die überlebten, wurden durch die Explosion und das darauf folgende Sperrfeuer verletzt.

Itzik war nicht in diesem APV; er kam, um seine Freunde zu retten und sah, was von ihnen übrig war, und seine Seele wurde für immer zerfetzt. Er kämpfte weiter; er gab nicht auf und blieb auch nach der Schlacht bei seiner Einheit. Aber dieser Tag, als er sah, was mit seinen Freunden geschehen war, überwältigte ihn. Er erholte sich nie wieder. Itzik ist nicht allein. Für viele Krieger, die die Schrecken des Krieges am eigenen Leib erfahren haben, hört der Krieg nie auf.

Neulich stellte mir ein Student eine hypothetische Frage: „Wenn du Itzik Saidian ein paar Minuten bevor er sich selbst abgefackelt hat, treffen würdest, was würdest du ihm sagen?“ Wenn man einen Menschen mit PTSD (Posttraumatische Stressstörung) trifft, der klinischen Bezeichnung für den Zustand, in dem sich solche Menschen befinden, ist das Wichtigste, ihnen zuzuhören, mit ihnen in ihrem Schmerz zu sein. Erst danach kann man etwas dazu sagen. Aber wenn der Moment kommt, würde ich ihm sagen, dass das Leben für all die Schmerz ein höheres, erhabeneres und schöneres Ziel hat, als er sich überhaupt vorstellen kann. Und auch wenn er derzeit Qualen erleidet, kann er dieses Ziel noch erreichen. Trotz aller Schmerzen kann er genau aus diesem Zustand heraus in die Ewigkeit, Ganzheit und Schönheit aufsteigen und glücklicher sein als jeder andere Mensch auf diesem Planeten.

Auch ich habe meinen Anteil am Trauma gehabt. Ich wuchs in einer Familie auf, die von den Nazis fast vollständig ausgelöscht wurde, ich hatte einen Autounfall, als ein Bus frontal mit dem Auto, das ich fuhr, zusammenstieß, und ich erinnere mich an jede Sekunde, die zu dem Zusammenstoß führte. Ich war tagelang klinisch tot, und als ich wieder zu mir kam, konnte ich nicht atmen, weil meine Lunge mit Blut gefüllt war. Ich erinnere mich an die Qualen. Gegen Ende wurde es sogar so schlimm, dass ich, als die Ärzte mir schließlich sagten, dass sie mich operieren würden, um meine Lunge zu befreien, buchstäblich auf das Bett im Operationssaal sprang und sagte: „Schneiden Sie mich auf!“ Und ich meinte es ernst!

Trotz der Schmerzen weiß ich, was ich durch diese Torturen gewonnen habe; ich weiß, was sie mir gegeben haben. Der Sinn des Lebens ist es, sich darüber zu erheben, in einen höheren Bereich, den wir finden können, wenn wir ihn wirklich suchen. Und manchmal braucht es großen Schmerz, damit wir anfangen zu suchen, aber es ist es immer wert.

Aus diesem Grund würde ich Itzik und jedem, der unter unerträglichen Schmerzen leidet, sagen, dass der Schmerz genau der Hebel ist, der uns über jede Verletzung erheben kann. Ich würde betonen, dass nichts jemals ohne Grund geschieht, und dass der Schmerz, den er gerade fühlt, nur der Anfang eines Weges ist, an dessen Ende Glückseligkeit und Schönheit ihn erwarten. Und genau dieser Ort des unerträglichen Herzschmerzes ist es, wo dieser Weg beginnt.

Menschen brauchen Hoffnung. Wenn keine Hoffnung in Sicht ist, wenn ihre Gegenwart voller Qualen ist und ihre Zukunft düster aussieht, kann ich verstehen, warum sie keinen Sinn im Leben sehen. Aber wenn ihr Schmerz einen Zweck hat, ein würdiges Ziel, das in Reichweite ist, wenn auch nur auf lange Sicht, dann hat das Leben einen Sinn und die Existenz macht Sinn.

In Wahrheit sind die Zustände, die wir durchlaufen, im System der Natur eingeprägt, und sie führen alle zum Glück. Wie wir diese Zustände erleben, hängt jedoch von uns ab. Der Weg ist geebnet, aber wir bestimmen, wie wir ihn gehen. Er wird uns alle dazu führen, uns über uns selbst zu erheben und in die Menschheit und letztendlich in die gesamte Schöpfung einzutauchen. Das Leben bietet jedem von uns Gelegenheiten, die Initiative zu ergreifen und sich aus eigenem Antrieb in diese Richtung zu bewegen. Oft verpassen wir diese Gelegenheiten oder lehnen es ab, sie zu ergreifen, und dann führt uns die Natur gegen unseren Willen zu unserem vorbestimmten, aber glückseligen Ziel. Unsere Schwierigkeiten, unsere Prüfungen und Drangsale sind die Hebel, die das Leben uns in die Hand gibt, um uns zu einer besseren Realität zu treiben, einer transzendenteren. Itziks Trauma, so schrecklich es auch sein mag, ist eine solche Gelegenheit, und so sind auch die Traumata unzähliger Menschen, die ohne einen ersichtlichen Grund leiden.

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