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Der Fall für (den richtigen) Neid

„Die Liebe ist so heftig wie der Tod, der Neid ist so hart wie die Unterwelt“ (Hohelied, 8:6). Neid ist eine der intensivsten Emotionen. Wir versuchen oft, ihn zu verbergen, sogar vor uns selbst, weil er ein so unangenehmes Gefühl ist, ein direkter Angriff auf unser Selbst. Da er aus dem Verlangen besteht, Freude zu empfangen, gibt uns der Neid das Gefühl, dass wir nicht nur nicht empfangen, sondern dass andere das bekommen, was uns verwehrt wird. Nichts ist für unser Ego schwerer zu ertragen als das Gefühl, dass wir von anderen beraubt werden, dass sie irgendwie besser, mächtiger, erfolgreicher sind als wir.

Mein Lehrer pflegte zu sagen, dass er es für sich selbst lieben würde, wenn er nichts als einen Pyjama tragen könnte. Es ist bequem, es hat große Taschen, in die alles passt, was man braucht, es ist warm im Winter und angenehm im Sommer, was will man mehr, als einen Pyjama zu tragen? Aber wir können keinen Pyjama tragen, weil die Menschen über uns lästern würden und uns nicht schätzen, wenn wir uns nicht nach der gesellschaftlichen Kleiderordnung bekleiden, also haben wir keine Wahl. Um nicht gedemütigt zu werden, tragen wir unbequeme Kleidung und tun das, was die anderen von uns verlangen. Daher diktieren der Neid und die Angst, gedemütigt zu werden, unser gesamtes Leben. 

Neid muss jedoch nicht negativ sein. Es macht uns neidisch auf das, was andere haben und was wir auch gerne hätten, aber wenn wir positive Dinge beneiden würden, dann würde Neid unsere Motivation erhöhen, dies zu erlangen. Mit positiven Dingen meine ich all die Aktivitäten und Aspekte, die uns ermutigen, unsere Gesellschaft zu stärken, unsere Solidarität zu erhöhen und unser Gefühl der Selbstverwirklichung zu steigern. Damit dies geschehen kann, muss unsere Gesellschaft prosoziale Werte fördern. Menschen wertschätzen, die einen Beitrag zur Gesellschaft leisten, andere glücklicher machen und enger miteinander verbinden. Dann wird jeder sie beneiden und auch so sein wollen.

Mit Hilfe von Neid werden wir die Gesellschaft von wettbewerbsorientiert und missbräuchlich, in unterstützend und integrativ verwandeln. Wenn Menschen sich darin wetteifern, freundlich und zuvorkommend zu sein, gibt es kein Limit für die Erfolge, die sie erzielen können. Wenn man darüber hinaus andere dabei unterstützt, sich in Form von Güte und Freundlichkeit wahrzunehmen, hilft man denjenigen in der Selbstverwirklichung und gleichzeitig bei der Gestaltung einer noch besserer und lebenswerten Gesellschaft. Es gibt kein Ende der Errungenschaften, die eine solche Gesellschaft erreichen kann.

Daher kann Neid schlecht oder gut sein, abhängig von den Werten, die wir beneiden. Wenn wir lernen, das zu schätzen, was für uns alle gut ist, wird unser Neid zu einem Motor des Glücks. 

#Neid #Solidarität #Glück