Kabbala und der Sinn des Lebens - Michael Laitmans persönlicher Blog

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Wie praktikabel ist gegenseitige Verantwortung?

Vor nicht allzu langer Zeit hieß es in einem Kommentar zu einem meiner Beiträge, dass eine Anpassung der Gesellschaft an die harmonische und integrale Natur, in der wir leben, nicht praktikabel sei. Gegenwärtig ist sie in der Tat unpraktisch, da die Menschen keinen Grund sehen, mit anderen in Harmonie zu leben. Solange wir können, wird unsere egozentrische Natur versuchen, ihre egozentrische Denkweise beizubehalten.

Aber die Realität hat sich geändert, und je früher wir dies erkennen, desto besser für uns alle. Der Virus wird uns zwingen, aneinander zu denken. Jeder von uns kann ihn auf alle um uns herum übertragen. Selbst wenn wir nicht krank sind, bedeutet das nicht, dass wir keine Überträger sind, und deshalb sollten wir uns davor hüten, es an andere weiterzugeben. Auf diese Weise lehrt uns das Virus, aneinander zu denken, rücksichtsvoll zu sein, auch wenn wir es nicht aus freiem Willen oder aus Zuneigung zu anderen tun.

Da das Virus in absehbarer Zeit nicht verschwinden wird, sind wir gezwungen, den Ansatz der gegenseitigen Verantwortung zu wählen. Unbeabsichtigt werden wir uns in einer Gesellschaft wiederfinden, die nach anderen Regeln lebt: Regeln einer harmonischen, integralen Gesellschaft. Wir werden keine andere Wahl haben; unser Leben hängt davon ab.

Es mag noch einige Monate oder Jahre dauern, aber eine Gesellschaft der gegenseitigen Verantwortung und Solidarität wird nicht nur praktikabel und realistisch sein, sie ist auch die einzige Alternative für die Menschheit, da sie die einzige Möglichkeit bietet, erfolgreich mit COVID-19 oder mit allen Krisen auf dem Weg dorthin fertig zu werden.

[Reuters: Eine Menschenmenge versammelt sich, um die Menschen während einer vom Iowa Freedom Riders, Black Voices Project organisierten Feier zum 19. Juni sprechen zu hören].

Liebe auf den ersten Blick

Es gibt keine Liebe auf den ersten Blick, so amerikanische Wissenschaftler.

Amerikanische Wissenschaftler behaupten, es gäbe keine Liebe auf den ersten Blick, aber es gäbe Liebe auf den vierten Blick. Oft wird die Wirkung von Hormonen für Liebe gehalten .

Amerikanische Psychologen haben nachgewiesen, dass es keine Liebe auf den ersten Blick gibt, sondern Liebe auf den vierten Blick. Sie sagen, man braucht nicht mehr als drei Dates, um das Gedächtnis aufzubauen und im Laufe des vierten Dates kann die Liebe schon entstehen.

Ich weiss nicht, was sie unter dem Begriff „Liebe“ verstehen. Was versteht man darunter? Einen Sinnesreiz, hormonelle Schwankungen, intellektuelle Abhängigkeit oder Nähe?

Sie sagen, dass wahre Liebe nur durch angenehme Erinnerungen an einen Partner verstärkt wird, was bedeutet, dass ein richtiger Eindruck vom Menschen entstehen muss. Daher seien vier Dates notwendig.

Das ist der heutige Stand. Morgen sagt jemand etwas anderes. Ich glaube, es ist müssig zu versuchen, dies zu verstehen, weil menschliche Gefühle rein chemische Vorgänge sind, die sich unserem Verständnis entziehen, da sie sehr tief in unserem Unterbewußtsein verankert sind. Es gibt verschiedene Bedingungen und Gründe, wie und warum ein Mensch von einem anderen angezogen wird. 

Daher würde ich nicht versuchen, eine ernsthafte wissenschaftliche Basis für dieses Thema zu schaffen. Ich kann nur sagen, dass Liebe Pflicht, Abhängigkeit und Dankbarkeit ist, ein Zustand, in dem die Menschen verstehen, wie sehr sie miteinander verbunden sind, wie viel sie für einander getan haben und wie viel sie noch für einander tun können. Genau diese sehr enge Abhängigkeit,in welcher beide sich als Fortsetzung von einander fühlen, heißt „Liebe“. Und das hat weder mit Sex, noch mit gegenseitiger Anziehung, noch mit dem ersten Blick zu tun. Es ist das, was wir viele Monate oder sogar Jahre lang nähren. Liebe ist, wenn ein Mensch die Wünsche seines Geliebten statt seiner eigenen akzeptiert und sie mehr als die eigenen erfüllt. Absolute Liebe ist es dann, wenn er das gegen den eigenen Wunsch tut. Aber das ist eine ganz andere Ebene von Beziehung.

Veröffentlicht in ML MichaelLaitmam.com

Bild von Mohamed Chermiti auf Pixabay

Gleichberechtigung ist kein leeres Wort

Veröffentlicht in MichaelLaitman.com 

Vor dem Hintergrund der Welle der Empörung über den Tod von George Floyd wurde ich gefragt, wie es gemäß der Kabbala möglich ist, Rassenunterschiede zu überwinden und dem Rassismus in all seinen Erscheinungsformen ein Ende zu setzen.

Meine Antwort: Zunächst gilt es zu verstehen, dass der Hass auf andere in der menschlichen Natur selbst verwurzelt ist. Tiere der gleichen Art unterscheiden sich manchmal in Farbe, Charakter und Fähigkeiten erheblich voneinander, dennoch führt es nicht zu Exzessen. Bei den Menschen ist dies anders. Die Unterschiede zwischen uns sind viel ausgeprägter, grundlegender, krasser.

Im Allgemeinen ist die Vielfalt und der Gegensatz ihrer Bestandteile, eine Eigenschaft der Natur. Jeder ist einzigartig. Keiner gleicht dem Anderen. Was sogar für Zwillinge gilt, gilt um so mehr für alle anderen Menschen. Uns trennt Vieles: Farbe, angeborene Eigenschaften, Geschlecht, Alter…

Wie können wir unter diesen Bedingungen zu Gleichheit und Einheit gelangen?

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Was passiert, wenn wir Vielfalt und Inklusion falsch verstehen?

Veröffentlicht in KabNet vom 04.06.2020

Kannst du Wasser und Öl mischen? Nein, das kannst du nicht. Aber kannst Du auf eines von beiden verzichten? Nein, das kannst du nicht. Kann ein Wolf ein Elch werden? Nein, das kann er nicht. Würden wir das wollen? Gott bewahre! Warum schließen wir Vielfalt und Inklusion aus, wenn es um Menschen geht?

Warum kämpfen wir darum, dass alle gleich sind, wenn es genau die Unterschiede zwischen uns sind, die die Menschheit so wunderbar macht, wenn wir harmonisch miteinander arbeiten?

So wie Männer und Frauen sich voneinander unterscheiden, so unterscheiden sich auch die vier verschiedenen Farbtypen: Weiß, Schwarz, Gelb und Rot. Und so wie sich Männer und Frauen ergänzen, so ergänzen sich auch die vier Arten von Menschen. Keiner ist besser oder schlechter als der andere. Sie sind einfach das was sie sind – vier Arten von Menschen, deren Unterschiede sich unter anderem in der Hautfarbe manifestieren.

„Indem wir versuchen, alle gleich zu machen, interpretieren wir Inklusion falsch und erhöhen den Hass, der bereits in uns besteht.“

Sie könnten fragen: „Aber wenn einer dem anderen nicht überlegen ist, warum gibt es dann Fanatismus?“

Fanatismus hat nichts mit Hautfarbe zu tun oder mit menschlicher Natur: Wir sind egozentrisch und voneinander entfremdet. In einfachen Worten, wir sind hasserfüllte Kreaturen. Dies ist natürlich keine Neuigkeit; Es ist seit Genesis (8:21) bekannt, als Gott sagte: „Die Neigung des menschlichen Herzens ist seit seiner Jugend böse.“

Diese Neigung ist der Grund dafür, dass es mehr als ein halbes Jahrhundert nach der Aufhebung der Rassentrennung in den Vereinigten Staaten keine Eingliederung gibt. Mit dem Versuch, alle gleich zu stellen, interpretieren wir die Inklusion falsch und verstärken den bereits in uns vorhandenen Hass.

Inklusion bedeutet nicht, dass alle gleich werden. Dies bedeutet, dass jeder an dem Aufbau einer gemeinsamen Gesellschaft beteiligt ist, jeder gemäß seinen einzigartigen Eigenschaften. Gerade die Vielfalt der Einzigartigkeiten innerhalb eines gemeinsamen Systems schafft eine gesunde und robuste Nation.

Doch dafür müssen die Menschen die böse Neigung überwinden, die ihr Herz beherrscht. Um die angeborene Neigung zu überwinden, müssen wir mehrere Aspekte verstehen und begreifen: 1) Alle Teile der amerikanischen Gesellschaft sind unentbehrlich. Extrahiert man irgendeinen Teil davon, dann wird dadurch die ganze Nation behindert. 2) Die verschiedenen Fraktionen sind gerade deshalb unverzichtbar, weil sie unterschiedlich sind. Was einer kann, kann kein anderer. 3) Die Einzigartigkeit jeder Bevölkerungsgruppe muss einen positiven Beitrag zur gesamten Gesellschaft leisten. Die Vielfalt wird die Gesellschaft stärken und die Solidarität erhöhen, anstatt wie in der gegenwärtigen Situation, durch den Hass die Trennung verursachen und zu Spannungen und zum Zerfall führen. 4) Das ultimative Ziel aller Fraktionen muss die Stärkung und Stabilisierung der gesamten amerikanischen Gesellschaft sein. Wenn auch nur eine der vier Gruppierungen ihren eigenen Weg geht, wird die gesamte Gesellschaft in Stücke zerfallen.

Ein guter Beispiel ist eine Basketballmannschaft. Jeder Spieler in der Mannschaft hat eine bestimmte Rolle (oder Rollen) zu spielen, und jeder Spieler hilft auch den anderen Mannschaftskameraden, ihren Beitrag zu leisten. Wenn die Mannschaft gewinnt, ist es nicht der persönliche Sieg eines Spielers, sondern eine Teamleistung, die das Ergebnis erbracht hat.

In etwa, den gleichen Teamgeist braucht die heutige amerikanische Gesellschaft und ihre Akteure, die ihre Rolle spielen, sich dabei auch gegenseitig helfen und gemeinsam die Aufgabe erfüllen, die gesamte amerikanische Nation zu vereinen. Die Vielfalt der amerikanischen Bevölkerung kann die schönste und blühendste Gesellschaft der Erde erschaffen, aber zuerst müssen die Menschen entscheiden, lieber einander zu lieben als zu hassen.

Die Entscheidung für die Liebe ist nicht leicht, aber es gibt keinen anderen Weg. Man sagt, dass die Notwendigkeit die Mutter der Erfindung ist. Heute ist es notwendig, dass sich die amerikanische Gesellschaft neu erfindet, weil sie am Rande des Zusammenbruchs steht. Die kommenden Wochen und Monate werden darüber entscheiden, ob Amerika den Hass, der sich in der ganzen Nation ausgebreitet hat, besiegt und zu einem Leuchtfeuer der Hoffnung für die ganze Welt wird, oder dem Hass nachgibt und in einen Bürgerkrieg zurückfällt.

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Immer mit mir – Teil 85

RABASH und die Angst

Bald sah ich, dass ich ihn überhaupt nicht kannte. Wir verließen Tiberias früh, wir hatten es eilig, rechtzeitig zum Unterricht zukommen, die Jungs warteten in Bnei-Brak. Und ich bin wahrscheinlich in die falsche Richtung gefahren, habe mit Rebbe geplaudert.

Ich schaue auf die Straße, sehe neue Schilder, ich bin überrascht, aber ich fahre weiter. Und plötzlich öffnet sich uns eine arabische Stadt, mit Straßen, Geschäften… und Araber.

Überall um uns herum nur Araber. Die Zeit damals war turbulent, die Intifada wurde vorbereitet. Und hier sind wir in ihrer Stadt, zwei bärtige, in schwarzen Gewändern, mit Hüten, so wie es sich gehört.

Und ich sehe, wie sie sich plötzlich zu uns wenden, anhalten und mit dem Finger auf uns zeigen.

Jemand rennt bereits hinter dem Auto her, jemand parallel zum Auto, und ich begreife, dass sie uns jetzt einfach anhalten können, uns irgendwo in die Gasse hinschleppen können und töten, oder sie steinigen uns einfach hier auf der Stelle.

Ich wusste, dass dies leicht passieren konnte, ich war im Shechem[1], als ich in der Armee war. Wir wagten es nicht, ohne Waffen da rein zugehen.

Ich höre sie schon einander anschreien, und ihre Augen sind wie… bei Tieren… Und dann dachte ich: „Rabbi ist mit mir, was soll ich tun?!“

Ich sehe ihn an und sehe, er ist ruhig. Nicht ein Hauch von Aufregung auf seinem Gesicht. Und er sagt noch dazu:

– Interessanter Ort, ich war noch nie hier. Lass dir Zeit. Fahre ruhig.

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Und ich verlangsame mich, wie auf einen Befehl. Sie laufen neben dem Auto… Rebbe übermittelt mir solch eine Ruhe, als ob er sie nicht sieht. Ich sehe sie aber! Ich sehe, wie sich die Menge vor mir versammelt. Und ich verstehe, dass wir jetzt aufgehalten werden… Was ist zu tun?

Plötzlich erscheint ein Bus um die Ecke und es entpuppt sich als unser „Aged“-Bus[2]. Ich „klebe“ sofort daran. Er schlängelt sich – ich auch, er geht den Hügel hinauf – ich folge ihm… Und so verlassen wir die Stadt.

Als wir dann rausgefahren waren, hielt ich das Auto an, lehnte mich zurück auf den Sitz und rauchte. Ich zitterte, meine Hände zitterten. Und ich sagte ehrlich.

– Rabbi, ich hatte Angst!

– Und ich nicht“, sagte Rebbe.

– Wie nicht?! – frage ich.

– Ich war mir sicher, dass nichts passieren würde, sagte er.Wie kann das sein? Ich schaue Rebbe an, er ist ruhig, er lächelt sogar.

– Nun, stell dir vor, was sie dachten, als sie uns sahen? – sagt er.

– Dass sie uns fertig machen müssen! – sage ich.

– Nein, sie dachten, wenn zwei Leute wie wir zu ihnen kommen, bedeutet das, dass sie geschäftlich unterwegs sind, vielleicht um mit einem unserer Weisen zu sprechen, vielleicht wurden sie von unserem Imam [3] eingeladen, – sagt er ernsthaft, nickt mir zu, – ja, ja.

Dann wurde mir klar, dass er das nicht dachte, dass er mich so beruhigte. Er hatte einfach eine ganz andere Einstellung zur Angst.

Wenn du eine Verbindung zum Schöpfer hast, hast du keine Angst. Ich habe an RABASH gesehen, wie es funktioniert. Wie er alles sofort mit dem Schöpfer, mit sich selbst, mit der ganzen Welt verband, so dass es keinen Unterschied gab. Und alle Zweifel und Ängste vergingen in dieser Einheit. Wenn alles vom Schöpfer kommt. Wenn du erkennst, dass der Grund für all das darin besteht, dich zur Verschmelzung mit Ihm zu bringen, von welcher Angst ist dann die Rede?

Dann nahm RABASH im Auto sein blaues Notizbuch „Shamati“ heraus und öffnete es genau auf der richtigen Seite. Es war die Aufzeichnung „Wenn die Angst einen Menschen überführt.“ Und es war nicht das erste Mal, dass ich die Worte von Baal haSulam las: „Wenn Angst zu einem Menschen kommt, muss er wissen, dass der einzige Grund dafür der Schöpfer selbst ist[4]… “

So lebte RABASH. Nicht in Angst, in Ehrfurcht vor dem Schöpfer. Und ich war ständig überrascht, dass diese Verbindung dauerhaft sein kann. Ich wollte genauso leben.

[1] Stadt Shechem. Eine Stadt im Westjordanland, Palästinensische Autonomiebehörde.
[2] “Aged” Bus Cooperative (Hebräisch: אגד – das größte Busunternehmen in Israel.)
[3] Prediger des Islam
[4] „Shamati“ (ich hörte), 2012, Artikel 206.

 

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Fortsetzung folgt…